Pressemitteilung - Bund Naturschutz Kreisgruppe Regensburg Neuwahl des Kreisvorstandes und eines Ehrenvorsitzenden
Kreisgruppe Regensburg / Vorstandswahl:
Die BN-Kreisgruppe Regensburg setzt sich seit 49 Jahren in und um Regensburg für Natur- und Umweltschutz ein. Seit Gründung 1972 hat sie 50 Hektar wunderschöne Naturflächen erworben, um sie vor der Zerstörung zu bewahren. Sie bemüht sich, die Energie-, Agrar- undVerkehrswende bei Politik, Verwaltung und in der Öffentlichkeit vorwärts zu bringen. In der „Boom-Region Regensburg“ mit immensem Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen unterstützen dieses Anliegen zwischenzeitlich über 8600 Mitglieder. Raimund Schoberer stellte an Beispielen wie „Biotop Lilienthalstraße“ dar, dass es jetzt und nicht irgendwann und nicht zögerlich einen Richtungswechsel braucht, um nicht „gegen die Wand“ zu fahren. Die Grenzen müssen erkannt werden, damit unsere Lebensqualitiät erhalten bleibt. Der BN setzt sich wo immer möglich mit Wort, Schrift und Taten für den Erhalt einer intakten Umwelt ein.
Der Kassenbericht von Walter Nowotny zeigt, dass Corona sich stark auf den Einsatz des Naturmobiles ausgewirkt hat. 2021 konnten dank des großen Engagements von Dr. Angela Nunn und ihrem Team immerhin schon wieder über 30 Einsätze an Schulen zur Um-weltbildung beitragen. Die anschließende Wahl des Kreisvorstandes zeigt den großen Rückhalt und Vertrauen bei den anwesenden Mitgliedern. Alle Vorstände werden einstimmig gewählt. Stellvertretende Kreisvorsitzende sind Hans Lengdobler und Dr. Albrecht Muscholl-Silberhorn, Schatzmeister ist Walter Nowotny, Schriftführer Franz Wart-ner. Weiterhin wurden sieben Beisitzerinnen und Beisitzer in den Vorstand gewählt.
Ehrung und Wahl Dr. Peter Streck zum Ehrenvorsitzenden
Prof. Dr. Hubert Weiger bedankt sich für die Einladung zu diesem denkwürdigen Tag. Er stellt heraus; dass Peter Streck 43 Jahre, davon 24 Jahre als 1.Vorsitzender und 19 Jahre als Stellvertreter den BN in Regensburg geprägt und nach außen entscheidend gewirkt hat. Weiger erinnert auch an sein Mitwirken im Forum Regensburg, das mit großem Engagement großes Unheil von der Stadt abgewendet hat. Eine Stadtautobahn sollte im Zentrum im Bereich des heutigen Museums der Bayerischen Geschichte mit der sechsspurigen Bayerwald-Brücke über die Donau geführt werden. Er betont auch die tatkräftige Unterstützung durch seine Frau sowohl beim Forum als auch beim BN.
Weiger hebt das zweibändige Werk von Streck hervor, in dem dieser mit außerordentlicher Weise über die Aktivitäten der KG Regensburg berichtet. Dieses Werk ist in dieser Form in Bayern einmalig im BN. Peter Streck war mit großem persönlichem Einsatz und Mut am Werk, er musste sich aber auch mit Niederlagen abfinden. So ergab die durch den Donauausbau bedingte Biotopumsetzung des Donaustaufer Altwassers leider einen erheblichen Verlust an Artenreichtum.Der Widerstand im Landkreis Regensburg gegen den Donauausbau hat aber letztendlich auch den Weg bereitet, dass der 70 km lange Donauabschnitt von Straubing bis Vilshofen gerettet wurde. Weiger erinnert auch an die großen Kämpfe, die im Raum Regensburg geführt wurden, wie gegen die Regentalautobahn oder die WAA.
Peter Streck hat auch über Regensburg hinaus Naturschutzgeschichte geschrieben. Ohne ihn gäbe es die Landesgeschäftsstelle des BN in Regensburg nicht. Große Verdienste erwarb sich Peter Streck bei der Zusammenführung des Bund Naturschutz in Bayern mit der bundesweiten Organisation BUND. Verdienste erwarb sich Dr. Streck auch durch seine Bemühungen, zeitweise vorhandene Gegensätze zwischen Landesverband (BN) und Bundesverband (BUND) zu verringern.
Dankesworte Dr. Peter Streck
Peter Streck wird einstimmig zum Ehrenvorsitzenden der Kreisgruppe Regensburg gewählt. Er erinnert sich als neu gewählter Ehrenvorsitzender, was ihm bei seinem Einsatz für den Naturschutz besondere Freude bereitet hat:
1. Die Sicherstellung des ökologisch wertvollen Hutbergs bei Kallmünz. Es handelt sich um ein repräsentatives Beispiel für ein Juratrockenrasenbiotop. Eine BN-Fläche von 12,8 ha ist Teil des 20 ha großen Naturschutzgebietes (NSG) Hutberg. Die BN-Fläche konnte2020 dank vieler Spender durch den Kauf eines Ackergrundstückes nochmals um 1,4 Hektar vergrößert werden.
2. Die Begrenzung des Kalkabbaus im Norden von Regensburg durch die Ausweisung von 113 ha als Naturschutzgebiet NSG Südöstliche Juraausläufer, bestehend aus Flächen von Fellinger Berg, Keilstein, Spitalholz und Brandlberg. Viele Vereinigungen haben als eine Große Koalition für die Natur daran mitgewirkt.
3. Die Sicherung des Standortübungsplatzes Oberhinkofen als Naturerbefläche Frauenholz durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Der DBU-K uratoriumsvorsitzende Hubert Weinzierl musste dazu anfangs etwas gedrängt werden. Das Verfahren dauerte dann nur zwei Jahre statt Jahrzehnte, wie sonst bei Naturschutzgebieten leider üblich. Das Frauenholz ist mit rund 500 ha die größte Naturerbefläche der DBU in Bayern.
4. Die Renaturierung eines Teils der vier Hektar großen Mariaorter Insel. Initiator ist Raimund Schoberer. Viele Helferinnen und Helfer haben an diesem Projekt mitgewirkt. Zu Recht wurde diese Maßnahme mit dem Bayerischen Biodiversitätspreis 2020 ausgezeichnet.
Vortrag „Wir haben nur eine Erde!“ von Prof. Dr. Hubert Weiger:
„Pfadwechsel jetzt“ lautet das Motto seines Vortrags. Die Klimakrise und das Artensterben erfordern ihn auch vor Ort. Der Hinweis auf die Knappheit von Naturgütern stößt immer noch bei vielen auf Unverständnis! Aber das ist die Realität. Wir haben nur eine Erde! Die Natur ist nicht kaputtzumachen, aber die Art Mensch. Die Erderwärmung ist die zentrale Gefahr für die Art Homo sapiens. Rund 2 Milliarden Menschen werden dadurch ihren Lebensraum verlieren. Wir stoßen an planetare Grenzen. Der Verlust der Biodiversität ist nach H. Weiger dramatischer als die Klimakrise. Das ist noch nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen. Eine Fahrt durch Deutschland gleicht mittlerweile einem Gruselkabinett, wenn man überall die vielen abgestorbenen Bäume sieht. Die Vielfalt der Natur ist die Voraussetzung für unser Überleben. Das erfolgreiche Artenschutzbegehren hat belegt, wie stark die Menschen sich dafür interessieren.
Auch Deutschland ist nicht nachhaltig, die Ziele sind oft weit davon entfernt erreicht zu werden. H. Weiger nennt beispielhaft Klimaschutzziele, die ökologische Gestaltung der Landwirtschaft, den Stopp des Artenverlustes, die Erhöhung des Ökolandbaus auf 20 % usw. Es sind 17 Nachhaltigkeitsziele festgelegt in einem einstimmigen Beschluss der UN-Vollversammlung von 2015. Es gibt noch offene Ziele der Bundesregierung. 7 Transformationsbereiche (u.a. Agrarpolitik, Energiewende, Kreislaufwirtschaft, Verkehrswende) lassen hoffen, aber die Grenzen der Erde sind immer noch nicht allgemein anerkannt!
Im vergangenen Wahlkampf haben die Grenzen des Wachstums keine Rolle gespielt! Es ist nun Aufgabe unseres Verbandes der Politik klarzumachen, dass die breite Bevölkerung schon weiter ist. Wir brauchen neue Leitbilder:
- verbindliche ökologischen Standards für die Wirtschaft
- dezentrale Strukturen
- das Glück hängt nicht nur von materiellem Wohlstand ab
- Abbau aller umweltschädlichen Subventionen (z.B. Agrarpolitik)
Man muss sich klarmachen, dass ein einziges Klimaereignis wie kürzlich im Ahrtal rund 30 Milliarden € an Folgekosten verursacht, das liegt in der Größenordnung einer Umstellung auf eine andere Wirtschaftsweise, beispielsweise 40 Milliarden € für den Kohleausstieg bis 2040. Zerstörungen sind vielfach staatlich finanziert bzw. subventioniert, wie etwa im Agrarbereich. Eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik GAP ist dringend erforderlich.
Ein Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit wird vorgeschlagen. Es geht um eine Integration von Handlungsebenen von der EU bis zu den Kommunen, denen eine zentrale Rolle zukommt. Folgen für die Ewigkeit werden nicht ernst genommen. Was passiert mit den riesigen Kohlegruben? Müssen sie auf Dauer abgepumpt werden oder laufen sie voll und führen dann zum Absaufen angrenzender Regionen? Die Parallele zur Atomenergienutzung ist offensichtlich.
Bürgerenergie (also etwa kleine Solar- und Windprojekte vor Ort) als Schlüssel zur Durchsetzung der erneuerbaren Energien kann die Lösung sein. Eine Broschüre der Leopoldina informiert über Klimaneutralität in Deutschland. Die Regierung blockiert aber in vielen Fällen. Der Klimaschutz muss verpflichtende Aufgabe werden! Eine finanzielle Stärkung ist dafür erforderlich. Das Geld für nachhaltige Produkte kann durch Umschichtungen gewonnen werden. H. Weiger schließt mit der doch tröstlichen Aussage, dass ein bewussteres Leben nicht unbedingt Verzicht bedeutet.
Prof. Dr. Hubert Weiger ist seit 9 Jahren Mitglied des Rates für nachhaltige Entwicklung bei der Bundesregierung, angesiedelt im Kanzleramt.
Gez. Raimund Schoberer