Pressemitteilung - Stellungnahme zum BBP Nr. 262 „ehemalige Zuckerfabrik Ost“ - Stellungnahme zur Beantwortung unserer UIG Anfrage vom 19.02.2021
Auszug aus den Stellungnahmen:
(die Stellungnahme in voller Länge können Sie hier lesen)
I. Stellungnahme zur UIG-Anfrage unserer Kreisgruppe zum BBP 151 „Das Dörnberg“
und 161 „Gleisdreieck“ und deren Beantwortung durch die Stadt Regensburg vom
14.04.2021:
2. Streng geschützte Zauneidechsen
Nicht umsonst wurde die Eidechse wegen ihrer komplexen ökologischen Ansprüche in den An-
hang IV der FFH-Richtlinien aufgenommen und ist somit auf europäischer Ebene besonders ge-
schützt. Es gilt für jedes einzelne Individuum ein Tötungsverbot, ein Schädigungsverbot und selbst
ein Störungsverbot.
Zu unserer Frage Abschnitt 1, Frage 3: „Wie haben sich die zu fördernden Populationen von Zau-
neidechse und den beiden Heuschreckenarten auf der Umsiedlungsfläche entwickelt?“, wurde uns
bezüglich der streng geschützten Zauneidechsen mit Schreiben vom 14.04.2021 mitgeteilt: „Im
Jahr 2015 konnten keine der umgesiedelten Zauneidechsen wiedergefunden werden. Daher wurde
anhand der Ergebnisse des Monitorings die Ausstattung der CEF-Fläche ab 2016 für Zauneidech-
sen verbessert bzw. optimiert. Die Wiederfindung erhöhte sich dadurch. 2019 wurden schließlich
mehrere adulte Tiere und zahlreiche Schlüpflinge nachgewiesen. Da die Abzäunung des Geländes
immer wieder Defekte aufwies, ist der größte Teil der Zauneidechsen wahrscheinlich in andere Le-
bensräume entlang der Bahn abgewandert, es ist auch nicht auszuschließen, dass inzwischen
Zauneidechsen in den für die Tiere optimierten Bereich eingewandert sind.“
Unseres Erachtens bedeutet Ihre Antwort vom 14.04.2021, dass in jüngster Zeit in Regensburg die
fachliche Mindesterfordernisse für eine der wohl wichtigsten Populationen der streng geschützten
Zauneidechse in der Oberpfalz in keiner Weise eingehalten wurden, weder bei der Konzeption der
Ersatzlebensräume noch bei der Umsetzung der Maßnahme und beim Monitoring.
So ein Ergebnis ist für eine Stadt wie Regensburg, die Gründungsmitglied der „Bündnis Kommu-
nen für biologische Vielfalt" ist, unseres Erachtens in keiner Weise hinnehmbar, sondern beschä-
mend und muss deshalb aus unserer Sicht auch Konsequenzen haben.
3. Unterschreitung der Ausgleichsflächen um 1,5 ha
Uns fehlt die juristische Expertise, um zu beurteilen, ob die zitierten Aussagen des Deutschen
Bundestages von 2018 aus dem Zusammenhang gerissen sind, und ob sie einer rechtlichen Über-
prüfung standhalten; zumal die Entscheidung wohl der Stadt Regensburg wohl vor 2018 getroffen
wurde. Wir werden diese Aussage an anderer Stelle überprüfen lassen.
Die Unterschreitung des Ausgleichsbedarfs bedeutet unzweifelhaft einen realen Geldwert für die
Investoren! Denn jede nicht erbrachte Ausgleichsleistung spart Geld – bei 1,5 ha sogar ziemlich viel Geld!
Unserer Meinung nach setzt sich eine Stadtverwaltung damit unnötig dem Verdacht einer Vorteilsgewährung im Amt aus.
4. Verzicht auf Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Eingriffsgebietes
Die angeblich „nicht vorhandene Flächenverfügbarkeit“ stellen wir in Frage. Beim derzeit laufenden
Verfahren zum B-Plan 262 wurden nach Wegfall der eigentlich im Geltungsbereich vorgesehenen
Ausgleichsflächen geeignete (im Ökokonto bereits vorausschauend angelegte!) Ersatzflächen bei
Keilberg gefunden. Regensburg verfügt – anders als Metropolen wie München – in seinen Rand-
bereichen über ländlich geprägte Gebiete, die bei noch halbwegs überschaubaren Grundstücks-
kosten für Ausgleichsmaßnahmen genutzt werden könnten. Angesichts des enormen Baubooms
im Stadtgebiet sehen wir die Gemeinde da eigentlich in der Pflicht; zumal die Stadt Regensburg
großer Flächeneigentümer ist und diese Flächen auch an Investoren zur Bebauung abgibt. Sicher
besitzt die Stadt Regensburg auch zahlreiche für Ausgleich und Ersatz geeignete Flächen, die wie
die bebaubaren Flächen sozusagen in einem „Gesamtpaket“ an die Investoren abgegeben werden
können.
Großes Erstaunen ruft der zweite Satz ihrer (insgesamt zweisätzigen) Begründung hervor: „Verfüg-
bare Flächen außerhalb von Regensburg hätten […] keinen Mehrwert für das Stadtgebiet gehabt
und wurden daher ausgeschlossen.“ Dies ist einer boomenden Großstadt absolut unwürdig! Ein
tieferes Verständnis für das regionale und bundesweite(!) Problem des unaufhaltsamen Biodiver-
sitätsverlustes verpflichtet unseres Erachtens zu anderem Handeln.
5. Diskrepanzen bei der Flächenberechnung
Ihre Aussage: „Nach unserer Berechnung ergeben sich keine Diskrepanzen“, nehmen wir zur
Kenntnis. Ein Beharren auf unseren Einwänden scheitert schlichtweg daran, dass Ihre Auskunft
nicht nachvollziehbar ist. Einen Einblick in den genauen Zuschnitt der genehmigten oder verworfe-
nen Ausgleichsflächen oder in den städtebaulichen Vertrag mit dem (nicht namentlich genannten)
„Rechtsnachfolger“ gewähren Sie uns nicht und zitieren lediglich aus den uns längst bekannten
Satzungen. Den Textabschnitt unterhalb der Abbildung haben wir schlichtweg nicht verstanden.
Zusammenfassung:
Wir werden den Vorgang zum Anlass nehmen, an anderer Stelle das Vorgehen, wie es in der
Stadt Regensburg stattgefunden hat, überprüfen zu lassen, zumal beim „Das Dörnberg“ zusätzlich
noch 15.000 m² als notwendig ermittelte Ausgleichsflächen für uns nicht nachvollziehbar durch die
Stadt „erlassen“ wurde.
II. Stellungnahme zum BBP Nr. 262 „ehemalige Zuckerfabrik Ost“
Sie haben uns für den Abgabetermin zur Stellungnahme zum B-Plan 262 eine Verlängerung bis
zum 19.04.2021 gewährt und uns die Unterlagen zur Behördenbeteiligung zugesendet. Ursächlich
für die Fristverlängerung war die von der Stadt Regensburg gewünschte Fristverlängerung für eine
UIG-Anfrage zum „Gleisdreieck“ und „Das Dörnberg“.
Für die förmliche Beteiligung am o.g. Verfahren bedankt sich die Kreisgruppe Regensburg des
Bundes Naturschutz. Im Rahmen der Verfahren nehmen wir wie folgt Stellung:
1. Beschwerde:
Wir stellen uns die Frage, warum im Bereich des Bebauungsplanes bereits vollendete Tatsachen
geschaffen werden, während die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen durch die Träger öffent-
licher Belange wie des Bundes Naturschutz als anerkannter Naturschutzverband noch läuft.
Auf der zu bebauenden Fläche laufen bereits seit längerem Erschließungsmaßnahmen. Die vor-
maligen Ruderalflächen, die im vergangenen Jahr ein paar Raritäten wie die Prachtnelke (Dianthus
superbus) und die gelbe Skabiose (Scabiosa ochroleuca) beherbergten, wurden komplett entfernt,
der gesamte Baugrund zumindest in eine Schotterfläche verwandelt oder in Teilen sogar noch viel
weitergehend umgestaltet (siehe Foto Seite 5 vom Februar 2021).
Diese Vorgehensweise entspricht unseres Erachtens auch nicht den rechtlichen Vorgaben einer
ergebnisoffenen Beteiligung und Behandlung der Rückläufe aus dem Beteiligungsverfahren durch
den Stadtrat der Stadt Regensburg. Für uns ist auch keine zwingende Eilbedürftigkeit ersichtlich,
die als „Begründung“ für ein derartiges Vorgehen herangezogen werden kann.
Wir legen daher gegen dieses Vorgehen Beschwerde ein und bitten um rechtliche und fachliche
Überprüfung durch die Stadt Regensburg.
2. „Ausgleich und Ersatz“
Die ursprünglich am Ort des Bebauungsplanes vorgesehene Ausgleichsfläche wurde auf eine
Ökokonto-Fläche bei Keilberg ausgelagert. Angesichts des massiven und fortschreitenden Bio-
topschwunds innerhalb des zentralen Stadtgebiets ist eine Verlagerung von Ausgleichsflächen an
den Stadtrand nur die „zweitbeste“ Lösung. Gerade im Kernbereich der Stadt muss die Biodiversi-
tät bestmöglich erhalten bleiben.
3. Eidechsenersatzbiotop im Gleisdreieck:
Das im Bereich des Gleisdreiecks entstandene Ersatzbiotop für Zauneidechsen ist in seiner tech-
nischen Umsetzung akzeptabel, auch angesichts der Tatsache, dass im Geltungsbereich des BBP
262 zuletzt offenbar keine Zauneidechsen vorkamen. Ob die Rückzugsmöglichkeiten auf dem
schmalen eingezäunten Streifen entlang einer Schallschutzwand ohne jeden Durchlass ausrei-
chen, um hier die Entwicklung einer stabilen Eidechsenpopulation zu ermöglichen, wird sich her-
ausstellen. Die Ausgleichsmaßnahmen für „Das Dörnberg“ haben gezeigt, dass auch dem „state of
the art“ entsprechende technische Lösungen nicht ausreichen, um Eidechsenpopulationen zu si-
chern. Nicht umsonst wurde die Eidechse wegen ihrer komplexen ökologischen Ansprüche in den
Anhang IV der FFH-Richtlinien aufgenommen.
Die in Regensburg bei Bauvorhaben grundsätzlich propagierte Standardlösung einer „Umsiedlung“
auf Ersatzflächen bedeutet in der Praxis einen Verstoß gegen das gesetzlich verankerte Schädi-
gungs- und Störungsverbot und ist unseres Erachtens deshalb rechtswidrig.
4. „Landschaftsberg“ Gleisdreieck:
Beim unmittelbar benachbarten „Landschaftsberg“ im Gleisdreieck handelt es sich nach den uns
vorliegenden Kenntnissen somit um eine riesige rund 400.000 Tonnen große ungenehmigte Bau-
schuttdeponie im Stadtbereich von Regensburg, die wohl den fachlichen und rechtlichen Anforde-
rungen an so eine Deponie (bezüglich den hydrogeologischen und sonstigen Fachvorgaben, der
fachlich kontrollierte Entstehung, der lückenlosen Befüllungskontrolle, Betrieb, Sicherung) nicht
entspricht.
Erlaubt war - so wurde es uns 2014 mitgeteilt (siehe Mail vom 13.11.2014 auf Seite 5) - eine
Aushubzwischenlagerung, die nach unserem Kenntnisstand längst hätte beseitigt werden müssen.
Die Thematik sollte und muss deshalb unbedingt auch im Zusammenhang mit dem BBP 262 be-
handelt werden: wegen des gleichen Investors, wegen der räumlichen Nähe und wegen der über-
lagernden Thematik der Ausgleichs- und Ersatzflächen.
Da von einem hohen geldwerten Vorteil bei einer „dauerhaften Zwischenlagerung“ bzw. Deponie-
rung auszugehen ist, sollten die weiteren finanziellen bzw. geldwerten Randbedingungen in der
Historie wie auch in Zukunft geklärt werden (mögliche Kostenrisiken für die Stadt).
Wir bitten die Verwaltung wie auch den Stadtrat von Regensburg im Interesse der Bürgerinnen und
Bürger der Stadt in Zusammenhang mit der Aufstellung des aktuellen Bebauungsplanes um Klä-
rung dieses auch für die Stadt wichtigen Sachverhaltes.
Mit freundlichen Grüßen
Gez.
Hans Lengdobler
Stellv. Vorsitzender der Kreisgruppe Regensburg