Zur Startseite

BN-Notizen-Aktuell-Bio-Einkaufsführer

Ortsgruppen

  • Übersicht
  • Bernhardswald
  • Hemau
  • Nittendorf
  • Pettendorf

Energie & Klima

  • Home  › 
  • Aktuelles

Bund Naturschutz erteilt Gewerbegebiet auf wertvoller Grünflache am Wahlhalle Bahnhof eine Absage - BN-Stellungnahme zum Bebauungsplan und Flächennutzungsplan "Bei der Anhalt"

Die Stadt Regensburg möchte am geplanten Walhalla-Bahnhof an der Donaustaufer Straße Gewerbeflächen schaffen. Die an dieser Stelle bestehende Grünfläche würde hierbei unweigerlich verloren gehen. Auf der Fläche finden sich zahlreiche große Linden, Pappeln, Weiden und Rosskastianien. Viele Bäume sind wertvolle Höhlenbäume, die Lebensraum für zahlreiche Tierarten bieten. Die Kreisgruppe Regensburg des Bund Naturschutz befürwortet ausdrücklich die Wiederbelebung des Bahnhofes, große Gewerbebauten sind hierfür jedoch keineswegs erforderlich. Stattdessen sollten die Biotopbäume und die Grünfläche als Ort hoher Aufenthaltsqualität im Bahnhofsumfeld erhalten und entwickelt werden.

09.11.2020

Da es unseres Erachtens von besonderer Bedeutung und öffentlichem Interesse ist, für den Erhalt der Biotopstrukturen der Fläche zu werben, werden wir uns mit etwas zeitlicher Verzögerung direkt an die im Stadtrat vertretenen Fraktionen und an die Öffentlichkeit wenden.

Im Rahmen des Verfahrens nehmen wir wie folgt Stellung:

1.    Flächennutzungsplan
Der Bund Naturschutz Kreisgruppe Regensburg würde es ausdrücklich begrüßen, wenn der Bahn-haltepunkt wie im FNP und BBP dargestellt realisiert werden würde. Dadurch würden auch nur ge-ringe Eingriffe in örtlich vorhandene Grünstrukturen erfolgen.

Wir lehnen es aber vehement ab, wenn eine Fläche mit äußerst wertvollen Biotopstrukturen wie Höhlenbäumen und wichtiger Rückzugsraum für geschützte Tiere wie im Aufstellungsbeschluss dargestellt wie folgt begründet „… gewerblich entwickelt werden soll, um für den Bahnhaltepunkt ein entsprechendes Umfeld zu schaffen. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Büroflächen in Regensburg ist es dringend erforderlich, neue Flächen anzubieten. Aufgrund der Nähe zum Bahnhaltepunkt, als auch durch die Erschließung der näheren Umgebung durch den ÖPNV ist das Gelände dafür geeignet, ein Bürogebäude zu errichten….“ überbaut und zerstört wird und dauerhaft zu Lasten wichtiger Schutzgüter verloren geht.

Die Situation, dass in Regensburg der Gesamt-FNP vom 31.Januar 1983 auch im Jahre 2020 wei-terhin mit Teiländerungen lokal weiterentwickelt wird führt u.E. dazu, dass der „Blick fürs Ganze“ zunehmend verloren geht. Die Anforderungen an die Einzelflächenentwicklungen und ihre Auswir-kungen auf das gesamte Stadtgebiet können so nur unzulänglich abgebildet werden. Das führt u.E. zu erheblichen und nicht ausgleichbaren Planungsdefiziten.

Das in 2019 erstellte Freiflächenentwicklungskonzept ist ein wichtiger Schritt gewesen. Es bildet u.W. aber nur auf die „Erholungsfunktion“ öffentlich zugänglicher Flächen fokussiert. Der BN hat dies im Planungsprozess deutlich kritisiert. Es weist gerade im Hinblick auf wichtige öffentliche Be-lange wie den Erhalt der Biodiversität oder der Klimafunktion von Flächen erhebliche Defizite auf bzw. stellt diese nicht dar. Nicht öffentlich zugängliche Flächen -wie im vorliegenden Fall- sind dort zudem nicht aufgeführt. Dadurch werden wichtige Grünräume außer Acht gelassen.

Artenvielfalt / Biodiversität: Im vorliegenden Fall haben wir eine Fläche, die trotz ihrer relativ ge-ringen Größe von erheblicher ökologischer Bedeutung ist. Die Fläche ist auch in Verbindung mit den weiteren Grünstrukturen im Umfeld (durchgrünte Siedlungsstruktur im Süden, Gehölzstrukturen entlang der Bahnlinie und am Kalkwerk) eine bedeutsame Fläche und ein wichtiger Trittstein vom Umland in die Stadt.

Die Fläche beherbergt wertvollste Höhlenbäume (siehe Anlage 1, rot markiert), die von Vögeln und Säugetieren gerade im Stadtgebiet dringend gebraucht werden. Im Süden nahe der Straße Bei der Anhalt befinden sich vier große Linden (Durchmesser >50cm). Im nördlichen Bereich befinden sich drei große Biotopbäume mit Baumhöhlen (Zwei Silberweiden und eine Pappel). Daneben ist die Fläche noch mit zahlreichen mittelgroße Bäumen (Rosskastanie, Silberweide, Pappel, Bergahorn, Feldahorn, Esche, Linde und größere Robinien), die mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nach der Baumschutzverordnung der Stadt Regensburg geschützt sind bestockt. Im Unterwuchs befindet sich vor allem blutroter Hartrigel. Die Lage an der von Gehölzstrukturen gesäumten Bahnlinie, die typische Leitstrukturen vor allem für Fledermausarten darstellen, legt eine wichtige Funktion der Grünfläche als Teil des Biotopverbundes möglicherweise auch als Quartier nahe. Hier ist zwei-felsohne eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) nötig um zu untersuchen, welche Be-deutung die Fläche gerade für Höhlenbrüter und Fledermäuse hat. Nahezu alle Bäume sind bereits mit einem roten  X markiert. Eine „Fällung“ lehnen wir ausdrücklich ab, zumal in der Mitte der Flä-che bereits deutlich eine Rodungsinsel erkennbar ist.

Wir haben erhebliche Zweifel ob Regensburg wirklich als „allumfassendes Ziel“ immer nur neue Büroräume, Gewerbeflächen oder Wohnbebauung bedarf; selbst dort wo wertvollste Biotopstrukturen sind. Rund 7 Hektar amtlich kartierte Biotope gingen aktuell für „Das Dörnberg“ verloren, im Bereich der Schlämmteiche steht die Stadtplanung auch im Fokus, weil sich dort die Erschließung für weitere Bebauung mitten in einem „Vogelparadies“ im Bauleitplanverfahren befindet. Und beim in Aufstellung befindlichen BBP Ostbahnhof sollen auch rund 5 amtlich kartierte Biotopflächen wei-chen. Das sind nur einige aktuelle Beispiele für den immensen Verlust an für die Biodiversität wich-tigen Flächen.

Der Brutvogelatlas  belegt den Rückgang verschiedener Brutvögel im Stadtgebiet (siehe: Sonder-band der Acta Albertina Ratisbonensia: Die Brutvögel der Stadt Regensburg und ihre Bestands-entwicklung von 1982 bis 2012. SCHLEMMER R., VIDAL A., KLOSE A.).

Wir haben daher erhebliche Zweifel daran, ob Regensburg, weiterhin vorhandene Biotopstrukturen in dieser Art und Weise und ohne „Aufhebens darum zu machen“ vernichten sollte. Die Beschreibung der Fläche im Aufstellungsbeschluss „…Der Planbereich ist unbebaut. Hier befindet sich ne-ben der Erschließungsstraße „Bei der Anhalt“ eine gärtnerisch angelegte Fläche. Der Rest der Flä-che ist ungenutzt und mit Bäumen eingewachsen. …“  wird ihrer ökologischen Bedeutung in keiner Weise gerecht.
Die Mitgliedschaft Regensburgs als Gründungsmitglied des „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“, ist u.E. auch mit der Verpflichtung verbunden, sich nachdrücklich für den Erhalt der Biodiversität im Stadtgebiet einzusetzen.

Klima: Die Stadt Regensburg hat 2018 eigens eine Klimaresilienzmanagerin eingestellt (siehe: www.regensburg.de/leben/umwelt/energie-und-klima/klimaresilienz ), weil aufgrund der Klimaentwicklung gerade im städtischem Umfeld mit deutlich zunehmenden gesundheitlich rele-vanten Belastungssituationen zu rechnen ist. Wir haben bisher von dieser Managerin keine Au-ßenwirkung wahrnehmen können, sehen hier aber deutlichen Einbindungsbedarf.

Grünflächen und Bäume haben auch auf Grundlage städtischer Gutachten im städtischen Umfeld besondere Bedeutung für den klimatischen Ausgleich und gerade Regensburg mit seiner Kessellage ist von den negativen Folgen der Klimakrise in besonderer Weise betroffen.
Die Fläche „Bei der Anhalt“ zeichnet sich durch eine im Vergleich zum angrenzenden Gewerbepark geringere thermische Belastung aus(https://www.regensburg.de/fm/121/planungshinweiskarte
-2014.pdf). Sie erfüllt somit für den kleinklimatischen Ausgleich in einer ansonsten weitgehend ver-siegelten Umgebung eine wichtige Funktion.
Gerade im Umfeld eines Bahnhaltpunktes kommt es zu erhöhtem z.T. älterem Personenaufkom-men, das gerade bei längeren Wartezeiten vom Erhalt der ausgleichenden Klimafunktionen des Baum- und Grünbestandes besonders profitieren würde.

Stadtentwicklung: Wir sind nach wie vor erstaunt, dass Regensburg für den „Regensburg-Plan 2040“ den doppelten Bevölkerungsentwicklungsansatz wie das Bayerisches Landesamt für Statistik ansetzt. Das setzt die Stadtentwickler unter Druck, selbst sensibelste Flächen entwickeln zu müssen. Wir lehnen dieses Ziel ab und mahnen eine nachhaltige Entwicklungsperspektive an, um „unsere gemeinsame Stadt“ lebenswert zu erhalten.     

Die aktuelle Corona-Lage sollte auch zum Nachdenken anregen, ob die im Stadtgebiet vorhande-nen Büroflächen nicht ausreichend sind. Schließlich ergab eine kürzlich vom Ifo-Institut veröffent-lichte Studie, dass 54% der Unternehmen damit rechnen, dass der der Trend zum Homeoffice über die Coronakrise hinaus Bestand haben wird und sie dieses Angebot daher entsprechend ausweiten werden (https://www.ifo.de/publikationen/2020/aufsatz-zeitschrift/homeoffice-waehrend-der-pandemie-und-die-implikationen).

Fazit: An dieser Stelle würde ein Bürokomplex eine große Lücke in das biologische Netz der Stadt Regensburg reißen; ohne zwingende Notwendigkeit! Die Fläche hat in ihrer derzeitigen Gestalt eine besondere ökologische und klimatische Bedeutung (Feinstaub, Klima, Frischluft, …).
Die Fläche ist in vielerlei Hinsicht und insbesondere in Hinblick auf öffentliche Belange zu „wertvoll“ um ein Bürohaus samt Gewerbebebauung darauf zu entwickeln. Es gibt für die Entwicklung von Büroflächen genügend Flächen, die ökologisch und bioklimatisch nicht oder weniger wertvoll sind.

Unser Vorschlag ist: Die Fläche sollte von der Stadt Regensburg aufgekauft und im öffentlichen Interesse dauerhaft in ihrer biologischen Funktion gesichert werden. In unmittelbarer Nähe zum Bahnhaltepunkt kann diese auch in Teilen der Erholung dienen und entsprechend zugänglich ge-macht werden.

Wir fordern daher: Die Darstellung der Flächen -soweit sie nicht als Bahnhaltpunkt notwendig sind- im FNP als „Grün- bzw. Freifläche“ mit dem Ziel „Erhalt der Biodiversität und Erholungsnut-zung“ zu verankern.

2.    Bebauungsplan

Aufbauend auf o.g. Stellungnahme zum FNP sollte der darauf aufbauende BBP entsprechend aktualisiert werden.

Sollte die Stadt an der weiteren Bauentwicklung der Fläche festhalten, so fordern wir:
•    eine umfassende biologische Bestandsaufnahme und eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
•    die Klärung inwieweit mit räumlichem Bezug zum Eingriffsraum Flächen für Artenschutzwe-cke bereitgestellt werden müssen bzw. es wäre zu prüfen ob die unbedingte Notwendigkeit der Bebauung belegbar ist (Alternativenprüfung nach UVPG).

Stellungnahme als PDF

Mit freundlichen Grüßen

Gez.                                                     Gez.
Raimund Schoberer                             Maximilian Trautner
1. Vors. Kreisgruppe Regensburg       Geschäftsstellenleitung Kreisgruppe Regensburg