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Stellungnahme zu BBP Nr. 215 I, Industriegebiet am Ostbahnhof

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange an der Aufstellung

des BBP Nr. 215 I, Industriegebiet am Ostbahnhof

(Internet: www.regensburg.de; /behoerdenbeteiligung-bp215-I )

10.01.2022

Sehr geehrte Damen und Herren!

Für die förmliche Beteiligung am o.g. Verfahren bedankt sich die Kreisgruppe Regensburg des
Bundes Naturschutz.

Im Rahmen des Verfahrens nehmen wir wie folgt Stellung:

Im Grundsatz befürwortet der Bund Naturschutz die Stärkung der Schieneninfrastruktur und die
Stärkung des Gütertransports auf der Schiene. Entsprechende Planungen müssen aber die örtli-
chen Umweltfaktoren (Mensch, Fauna, Flora, Klima, ....) berücksichtigen. Damit verbundene Ein-
griffe sind auf das notwendige Maß zu reduzieren bzw. es müssen Alternativen geprüft werden.

Für uns ist leider nicht ersichtlich, warum dieser insgesamt sehr sensible Standort ausgewählt
wurde und keine Alternativenprüfung im Sinne des UVPG wie von uns bereits vor fünf Jahren gut
begründet gefordert, angestellt wurden. Aus der Historie des Gebietes (in großen Teilen keine
Nutzung als Wohn-, Gewerbe- oder sonstiges Industriegebiet) ergibt sich kein Anhaltspunkt, wa-
rum gerade diese ökologisch sensible Fläche ausgewählt wurde und Regensburg eine rund 5 Hek-
tar große amtlich kartierte Biotopflächen -wohl die größte zusammenhängende amtlich kartierte
Biotopfläche im gesamten Stadtosten!- verlieren soll. Zudem widerspricht die umgebende Stadt-
entwicklung (Wohnbebauung ehem. Prinz-Leopold-Kaserne) dem, dass hier Container aus ganz
Deutschland wenn nicht Europa wohl zentral umgeschlagen, gereinigt, repariert etc. werden. Es
wird zukünftig in direkter Wohnumgebung eine wohl sehr intensiv genutzte Industriefläche mit all
den damit verbundenen Emissionen entstehen.

Aus den aktuell vorgelegten Unterlagen geht leider nicht näher hervor, in welcher Weise und in
welchem Umfang unsere sehr dezidierte Stellungnahme vom 19.12.2016 behandelt wurde und in
die aktuellen Planungen Eingang gefunden hat.

Wir behalten unsere damaligen Einwendungen vom 19.12.2016 als Bestand-
teil der aktuellen Einwendung aufrecht und bitten Sie diesbezüglich um vollumfängliche
und transparente Behandlung.

Darüber hinausgehend wollen wir folgende Einwendungen ergänzend und aktualisiert vor-
bringen und begründen:

1 Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan der Stadt Regensburg ist seit rund 40 Jahren nicht mehr fortgeschrieben
worden. Er entspricht somit in keiner Weise den heutigen fachlichen wie rechtlichen Erfordernis-
sen. Es bedarf, um die Folgen von derartig wichtigen Bau- und Infrastrukturprojekten auf die Ge-
samtstadt abschätzen zu können, zunächst einer Fortschreibung des gesamtstädtischen Flächen-
nutzungsplanes mit integriertem Landschaftsplan.
Wir sehen hier einen wesentlichen Planungsmangel.

2 Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung mit Variantenabwägung
(Alternativstandorte im Stadtgebiet bzw. darüber hinaus):

Die überplante Areal liegt zentral im Stadtbereich. Dichte Wohnbebauung befindet sich bereits in
ca. 200m bis 250m Entfernung und wird durch die Planungen in Zusammenhang mit dem BBP 277
(ehem. Prinz-Leopold-Kaserne) noch verstärkt im direkten Umfeld entstehen.
Regensburg soll - wie allgemein bekannt - der Knotenpunkt einer transeuropäischen Güterver-
kehrsachse werden mit direkter Anbindung an die Nord-Süd-Achse, um u.a. den Großraum Mün-
chen beim Güterverkehrsaufkommen zu entlasten. In diesem Zusammenhang ist auch die Elektri-
fizierung und Ertüchtigung der Strecke Regensburg-Hof zu sehen. Das Areal hätte dann eine regi-
onal bzw. überregional besondere Bedeutung. Container aus ganz Europa werden hier wohl zent-
ral umgeschlagen, gereinigt, repariert etc. werden. Es wird zukünftig eine wohl sehr intensiv ge-
nutzte Industriefläche entstehen.

In der Begründung auf Seite 12 wird wie folgt ausgeführt: „....Ein Großteil der Fläche soll nach
derzeitiger Planung als Umschlagsplatz für Leercontainer mit Serviceeinrichtungen genutzt wer-
den. (...) Die Größe des Gebietes, die räumliche Nähe zum Umschlagbahnhof der DUSS, sowie
die Möglichkeit eines Anschlusses an die Gleisinfrastruktur der DB Netz AG machen die Flächen
des Gebiets des Bebauungsplanes 215-I, Industriegebiet am Ostbahnhof zum prädestinierten
Standort für ein dem künftigen Bedarf gewachsenes und leistungsfähiges Containerdepot oder
ähnlicher industrieller Nutzung. Aufgrund der aufgezeigten Gründe und der Lage im Stadtgebiet
mit angrenzender gewerblicher Nutzung sowie die Nähe zu den bestehenden Gleisanlagen soll
eine intensive gewerbliche Nutzung als Industriegebiet ermöglicht werden.“

Durch den Bau, aber insb. durch die geplante Nutzung, ist im städtischen Umfeld mit erheblichen
Umweltauswirkungen auf Mensch und Umwelt auszugehen. Zu nennen sind z.B.: Versiegelung,
Klimaauswirkungen, Freiflächen- und Biotopverlust, Lärm, Umgang mit Giftstoffen (Pestizide, Rei-
nigungsmittel, Lösungsmittel, ....).

Es ist daher eine vollumfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung mit Variantenabwägung
durchzuführen. Dies ist bisher nicht geschehen.

Wir sehen hier einen wesentlichen Planungsmangel.

Zu klären ist auch, ob wegen der regionalen bzw. überregionalen Bedeutung
ein Raumordnungsverfahren mit entsprechender Alternativenabklärung durchzuführen ist.

3 Artenschutz:
Die Fläche beinhaltet eine etwa 5 Hektar (!!!) große amtlich kartierte Biotop- und Freifläche
u.a. mit Habitaten verschiedener streng geschützter Arten. Die spezielle artenschutzrechtliche Prü-
fung (saP) wurde nicht ausreichend dokumentiert und ausgearbeitet; insbesondere vor dem Hin-
tergrund, dass in Regensburg beim Artenschutz erhebliche Probleme hat. Unsere Akteneinsichten
in Zusammenhang mit den erst jüngst umgesetzten Bebauungsplänen 151 (Das Dörnberg), 161
(Gleisdreieck), 262 (ehem. Zuckerfabrik Ost) und 227-I (Jahngelände/ Kleingartenanlagen) haben
ergeben, dass die dortigen Populationen von Zauneidechsen (nahezu) vollständig ausgelöscht
wurden bzw. Umsiedlungsaktionen (nahezu) vollständig fehlgeschlagen sind. Dabei gilt für die
Zauneidechse nach europäischem und deutschem Recht ein 100% Störungs-, Schädigung- oder
gar Tötungsverbot; nicht nur für die Population sondern für jedes einzelne Individuum! Diese
Rechtslage ist den zuständigen Behörden der Stadt Regensburg bekannt, wie auch durch mehrere
Gutachten die Defizite in der fachlichen Umsetzung den Behörden bekannt sind. Eine Anzeige
nach dem Umweltschadensgesetz zur Durchsetzung geeigneter von Maßnahmen von Amtswegen
ist uns ein keinem der genannten Fälle bekannt.

Trotz der amtlich bekannten Misserfolge beim Artenschutz erfolgt die spezielle artenschutzrechtli-
che Prüfung (SAP) für besonders geschützte Tierarten z.B. in Bezug auf die Zauneidechse wiede-
rum ohne nähere Ausführungen.

Zum Vorkommen von Zauneidechse und Schlingnatter wird vermerkt: „Als bevorzugte Lebensräu-
me waren die Bahnflächen und die bahnbegleitenden Bereiche und die ehemaligen Kleingärten zu
erwarten. Deshalb konzentrierten sich die Untersuchungen auf diese Bereiche. (...) Zauneidech-
sen wurde in Einzelexemplaren an mehreren Stellen an den und in der Nähe der Bahngleise
nachgewiesen.“ Dieser Befund reichte offenbar aus, die zu überbauende Fläche der ehemaligen
Kleingartenanlage als eidechsenfrei und somit als „nicht von der Maßnahme betroffen“ einzustu-
fen. Das wirkt wenig überzeugend, zumal gerade die alten Kleingartenanlagen (auch im Regens-
burger Westen) von den Zauneidechsen ausnehmend gut angenommen wurden. In dicht bewach-
senem Brachland sind Eidechsen zugegeben viel schwieriger nachzuweisen als auf Bahngelände.

Zudem ist zu erwarten, dass insbesondere die Zauneidechsenpopulation bei der Umsetzung der
im BBP enthaltenen Vorgaben vernichtet wird da aus den Unterlagen nicht ersichtlich ist, wie im
Gegensatz zu den Bebauungsplänen 151, 161, 262 und 227-I sichergestellt wird, dass die rechtli-
chen Vorgaben eingehalten werden. Nach der faktischen Auslöschung der westlichen Populatio-
nen (BBP 227_I und 151) droht u.E. jetzt also auch eine starke Dezimierung der östlichen Eidech-
senvorkommen im Stadtgebiet von Regensburg. Das ist mit europäischen und deutschem Recht
nicht zu vereinbaren!

Es erstaunt, dass die Nachtigall als Brutvogel unter den „Allerweltsarten“ eingereiht wird. Diese
Vogelart dürfte in der Region weitaus seltener vorkommen als die für artenschutzrechtlich relevant
befundenen Vogelarten Dorngrasmücke und Stieglitz und kann als Besonderheit des Regensbur-
ger Ostens gewertet werden. Die „Herabstufung“ könnte damit zusammenhängen, dass die Be-
dürfnisse der Nachtigall im Geltungsbereich des Baugebiets weitaus schwieriger zu erfüllen sein
dürften als jene der Offenland und Trockenheit liebenden Dorngrasmücke und Stieglitz. Das wäre
für eine sachgerechte saP nicht akzeptabel.

Bei der Behandlung der Fledermäuse wird festgestellt: „Im Umfeld sind noch ausreichend Aus-
weichjagdreviere vorhanden.“ Es stellt sich uns die Frage: Welche?

Die saP ist vor dem Hintergrund als unzureichend anzusehen. Wir fordern hier eine Ergän-
zung und Konkretisierung, damit sichergestellt werden kann, dass den rechtlichen und
fachlichen Erfordernissen an den Artenschutz sicher entsprochen wird.

4 Ausgleichflächen
Die Berechnung des Ausgleichsbedarfs erfolgte nach dem Leitfaden „Bauen im Einklang mit Natur
und Landschaft...“ des StMUV, und ist in seiner Darstellung nachvollziehbar. Der errechnete Ge-
samt-Ausgleichsbedarf von 56.663 m² erscheint somit weitgehend plausibel.

Die Auswahl der Ausgleichsflächen weist dagegen Mängel auf:

- In der Begründung selbst wird festgestellt: „Das Ziel der Stadt Regensburg mindestens 50 %
des Ausgleichs innerhalb des jeweiligen Bebauungsplans zu erbringen wird nicht erfüllt.“ Dass
sich der Anteil auf nur 28 % beläuft, zeigt schon das Ausmaß, mit dem in Regensburg Boden
versiegelt und die Bebauung verdichtet wird. Wie weiter oben bereits erwähnt, steht das weder
im Einklang mit einer Vielzahl von Schutzgütern noch den selbstgesteckten Zielen der Stadt.

- Die Ausgleichsfläche bei Burgweinting wird von einem Ökokonto abgebucht und verringert
dadurch den tatsächlichen Ausgleichsbedarf. Dagegen ist nichts einzuwenden – das ist
schließlich das Ziel der Einrichtung eines Ökokontos.

- Allerdings wird auch bei den externen Ausgleichsflächen E3 (11.800 m²) und E4 (9.710 m²) bei
Kareth vermerkt: „Die extensive Grünlandnutzung wird bereits als Aufwertung gegenüber der
vorherigen Nutzung als Acker angerechnet.“ Hier fehlt der Verweis auf ein Ökokonto (und auch
jegliche Angabe darüber, wann der Acker stillgelegt wurde, und ob dies gezielt für den
BBP215_I geschehen ist.) Die Anrechnung der Aufwertung gegenüber einem früheren Zustand
ist aber ohne den offiziellen Status eines amtlich hinterlegten Ökokontos unzulässig.
Nach den verfügbaren Angaben können also in der Summe 21.510 m² – das ist ein erhebli-
cher Anteil des Ausgleichsbedarfs! – nicht als Ausgleichflächen herangezogen werden! Von
einem vollumfänglichen Ausgleich kann also keineswegs die Rede sein!

Wir sehen hier einen wesentlichen Planungsmangel.

5 Umweltverbund
Uns fehlen konkrete Aussagen, welche Auswirkungen das Vorhaben auf die geplante Stärkung
des schienengebundenen ÖPNV im Gr0ßraum Regensburg hat. Unser Kenntnisstand ist, dass die
Schienenkapazität im Zulaufbereich zum geplanten Vorhaben zu gering ist. Dieses Projekt wird
weitere Schienenkapazität beanspruchen und steht damit in Konkurrenz zur sinnvollen Weiterent-
wicklung des ÖPNV.

Wir sehen durch die fehlenden Aussagen ein wesentliches Defizit.

6 Naherholung
Der Regensburger Osten und das Hohe Kreuz im Besonderen verfügt derzeit kaum über öffentli-
che Grünflächen. Im Freiflächenentwicklungskonzept sind hier Defizite ausgewiesen. Die Fläche
an sich ist vor dem Hintergrund der aktuell allerorten aber auch im Umfeld stattfindenden Verdich-
tungen als Freifläche von besonderer Bedeutung.

Durch das geplante Projekt würde Grünfläche im Viertel weiter reduziert; zumal die Ausgleichsflä-
chen nicht vor Ort entstehen sollen.

Keine Aussagen werden zudem getroffen, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf den gegen-
überliegenden Bereich des Pürkelgutes haben. Im Zuge der gescheiterten Bewerbung zur Lan-
desgartenschau wurden hier Überlegungen für eine Parkanlage angestellt. Uns ist unklar, ob diese
Überlegungen in die Planungen eingeflossen sind. Es ist zu befürchten, dass die Erholungswir-
kung durch den Lärm eines Containerlagers auf der gegenüberliegenden Gleisseite stark einge-
schränkt wird.
Wir sehen hier einen wesentlichen Planungsmangel.

7 Klima
Leere Container heizen sich und ihre Umgebung im Sommer zusätzlich auf.
Nach allen Prognosen werden Hitzeperioden bedrohlich zunehmen. Hitzeperioden bedeuten eine
erhöhte Mortalität gerade der älteren und schwachen Mitbürgerinnen und Mitbürger, wie vom Landesamt für Umwelt in einer aktuellen Broschüre überdeutlich dargestellt
(„Bayerns Klima im Wandel“)

Gerade in Städten wie Regensburg werden sich wegen der zunehmenden Versiegelungen und
Grünverluste durch Verdichtung die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärken. Wir brau-
chen daher Klimavorsorge - jetzt!
Aus den Unterlagen geht nicht konkret hervor, in welchem Umfang die Umsetzung des BBP Aus-
wirkungen auf das lokale Klima (Lastfälle) hat.

Wir sehen hier einen wesentlichen Planungsmangel.

Schlussbemerkung:
Wir bitten die Stadt abschließend nochmals eindringlich darum, dieses Areal als wertvolle Freiflä-
che mit hoher Biodiversität Freiraum zumindest in sehr großen Teilen zu erhalten. Ob ein Contai-
nerumschlagplatz an dieser Stelle wirklich der Stadtentwicklung förderlich ist stellen wir sehr deut-
lich in Frage und sehen nicht ansatzweise eine Alternativenprüfung bis hin zur „0-Variante“. Wir
sehen im bisherigen Verfahren wesentliche Planungsmängel.

Mit freundlichen Grüßen

Gez.
Raimund Schoberer
1. Vorsitzender Kreisgruppe Regensburg
Regensburg Bund Naturschutz in Bayern e.V.

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